Bekennende Kirche
Die
Bekennende Kirche (BK) war eine Oppositionsbewegung evangelischer Christen
gegen Versuche einer Gleichschaltung von Lehre und Organisation der Deutschen
Evangelischen Kirche (DEK) in der Zeit des Nationalsozialismus, etwa durch die
„Deutschen Christen“, staatlich eingesetzte Kirchenausschüsse und teilweise
direkte Staatskommissare.
Die BK
verstand sich seit ihrer Gründung im Mai 1934 als einzige rechtmäßige
evangelische Kirche, indem sie den Nationalsozialismus und die Lehren der
Deutschen Christen als unchristliche Irrlehren „verwarf“ (Barmer Erklärung
1934) und sich gegen staatliche und innerkirchliche Übergriffe auf das
christliche Glaubensbekenntnis zur Wehr setzte. Sie schuf sich seit Oktober
1934 mit einem kirchlichen „Notrecht“ eigene Leitungs- und
Verwaltungsstrukturen und grenzte ihre Organisation und Ausbildung damit von
deutschchristlich geführten Landeskirchen ab (Kirchenkampf). Sie bildete aber
keine einheitliche politische Opposition gegen das NS-Regime. Ihre Pfarrer
blieben oft Bedienstete der jeweiligen Landeskirche (besonders in Württemberg,
Bayern und Hannover).Ausgangspunkt der Bildung einer innerkirchlichen Opposition gegen deutschchristliche und staatliche Gleichschaltungsbestrebungen war die Kirchenpolitik des NS-Regimes. Diese folgte dem Totalitätsanspruch der nationalsozialistischen Ideologie. Dabei verfolgte die NSDAP seit ihrer Gründung eine Doppelstrategie: Ihr Programm erklärte das „positive Christentum“ einerseits zur Volksreligion aller Deutschen, um die Christen zu vereinnahmen, und ordnete es andererseits dem Rassismus und Nationalismus unter. Dabei strebten Teile der NSDAP eine langfristige Auflösung und Ersetzung des Christentums durch ein Neuheidentum (Neopaganismus) an.
Die
Bekennende Kirche entstand, nachdem das NS-Regime nach seiner „Machtergreifung“
direkten Einfluss auf die innere Gestaltung der Kirche nahm. Diese Übergriffe
des Staates vollzogen sich in drei deutlich unterschiedenen Phasen:
Parteinahme
des Reichskanzlers Adolf Hitler für die Deutschen Christen in den aufgezwungenen
Kirchenwahlen am 23. Juli 1933, um deren Mehrheit für eine
Selbstgleichschaltung der Landeskirchen auszunutzen,
Bildung von
staatlich eingesetzten „Kirchenausschüssen“ nach dem Scheitern der Deutschen
Christen, um die nun gespaltene evangelische Kirche unter staatlicher Kontrolle
zu halten (1935–1937), direkte
Unterdrückung ab 1937 (Ausbildungsverbot, Verhaftung führender Mitglieder,
Einzug ihrer Pastoren zum Wehrdienst, Kontrolle der Gehaltsauszahlungen für
BK-Pastoren, Publikationsverbote) und exemplarische organisierte Entmachtung
(Vereinsrecht im Warthegau mit dem Ziel einer „Verkümmerung“ kirchlichen
Einflusses auf die Gesellschaft). Entsprechend
dieser staatlichen Kirchenpolitik vollzog die BK ihre Gründung mit einer
Abgrenzung ihrer Lehre von allen politischen Ideologien und staatlichen
Totalitätsansprüchen (Barmer Theologische Erklärung Mai 1934) mit einer
eigenen Organisation, die sich jeder Zusammenarbeit mit staatlichen
Kontrollorganen verweigerte (Zweite Bekenntnissynode von Dahlem, Oktober
1934) mit
direkten Eingaben und Protesten gegen staatliche Politik, nicht nur die Kirche
betreffend, durch Organe und führende Vertreter der BK.
Die
Konsequenzen vom Protest zum gemeinsamen Widerstand gegen das NS-Regime, die
aus dem Zusammenprall des kirchlichen Glaubensbekenntnisses mit der totalitären
NS-Staatsideologie folgen mussten, blieben aus. Sie wurden durch innere
konfessionelle Gegensätze und eine lavierende und taktische Haltung der
bisherigen lutherischen Landesbischöfe verhindert.
Als
Reaktion auf die Übernahme des staatlichen Arierparagraphen, mit dem getaufte
Juden als „Nichtarier“ aus der Evangelischen Kirche ausgeschlossen werden
sollten, gründeten einige Berliner Pfarrer, darunter Martin Niemöller und
Dietrich Bonhoeffer, im September 1933 den Pfarrernotbund. Dieser erklärte die
Unvereinbarkeit des kirchlichen Arierparagraphen mit dem christlichen
Glaubensbekenntnis und organisierte Hilfe für die Betroffenen.
Damit wurde
er mit anderen Gruppen wie der Jungreformatorischen Bewegung zu einem Vorläufer
der Bekennenden Kirche. Diese gründete sich auf der ersten Bekenntnissynode vom
29. bis zum 31. Mai 1934 in Wuppertal-Barmen und verabschiedete dort die
„Barmer Theologische Erklärung“ als ihr theologisches Fundament. Die Erklärung
stellte Jesus Christus als einzigen Glaubensgrund der Kirche gegen fremde
Kriterien und Instanzen und wies damit auch den Totalitätsanspruch des Staates
und die Vereinnahmung des Evangeliums für sachfremde politische Zwecke zurück.
Diese Auseinandersetzung um den wahren Glauben innerhalb der Kirche und um sein
Verhältnis zur Staatspolitik im „Dritten Reich“ bezeichnet man als
Kirchenkampf.
Nach dieser
Synode bildeten sich viele sogenannte Bekenntnisgemeinden, die von Bruderräten
geleitet wurden. Sie lehnten die offizielle Kirchenleitung ab und wandten sich
damit auch gegen den nationalsozialistischen Staat, dem gemäß These 5 der
Barmer Erklärung der Anspruch bestritten wurde, „die einzige und totale Ordnung
menschlichen Lebens [zu] werden und also auch die Bestimmung der Kirche [zu]
erfüllen“. Dieser Widerstand war aber zunächst kaum oder gar nicht politisch
begründet, sondern richtete sich gegen die von den Deutschen Christen
beherrschten Kirchenleitungen. Gedenktafel
am Ort des ehemaligen CVJM-Hauses in Berlin-Kreuzberg, Wilhelmstraße 36, einem
Treffpunkt von Mitgliedern der Bekennenden Kirche Auf der
zweiten Reichsbekenntnissynode, am 19. und 20. Oktober 1934 in Berlin-Dahlem,
verabschiedete die Bekenntnissynode das „Dahlemer Notrecht“ und proklamierte
den Reichsbruderrat als legitime Leitung der Kirche, während den offiziellen
Kirchenbehörden keine Autorität mehr zuzuerkennen sei. Auf Betreiben der
intakten Kirchen wurde ihm im November eine Vorläufige Kirchenleitung an die
Seite gestellt, die bis Februar 1936 im Amt blieb. Die theologische
Rechtfertigung war dabei zwischen den reformierten bzw. unierten Christen
einerseits und den lutherischen andererseits zwar sehr ähnlich, aber nicht in
allen Details deckungsgleich. Für die Lutheraner war sie der in der
evangelisch-lutherischen Kirche fest geschriebene Bekenntnisstand oder
Bekenntnisnotstand (status confessionis), der gegeben ist, wenn die
Kirchenoberen sich vom lutherischen Bekenntnis – festgehalten im Augsburger
Bekenntnis – entfernen. Das sahen die lutherischen Synodalen als gegeben in der
Theologie der Deutschen Christen von den „Schöpfungsordnungen“, zu denen diese
Volkstum, Rasse und Staat zählten.
Der
Anspruch der oppositionellen Pfarrer wurde im Reich auf einigen sogenannten
„Bekenntnistagen“ verkündet. Allein in Frankfurt am Main nahmen 12.000 Personen
an dem Bekenntnistag teil, auf dem der Ende Oktober 1934 gebildete
Landesbruderrat den Anspruch erhob, die rechtmäßige Leitung der Kirche
Nassau-Hessen zu sein; 140 Pfarrer der Landeskirche kündigten ihrem
nationalsozialistischen Bischof den Gehorsam auf. Bis Ende September 1934
schlossen sich von den insgesamt 800 Geistlichen der Landeskirche Nassau-Hessen
361 amtierende und weitere 90 noch nicht ordinierte Vikare, also mehr als die
Hälfte, der Bekennenden Kirche an.
Innerhalb
der Evangelischen Kirche gab es Gemeinden und Pfarrer, die der Bekennenden
Kirche angehörten, und es gab Abspaltungen von Teilen der Gemeinden, wo sich
der Pfarrer und Teile der Gemeinde den Deutschen Christen zugewandt hatten,
andere Teile mit angehenden Pfarrern (Vikare und damals noch so genannte
Hilfsprediger) aber illegal und neben den kirchlichen Strukturen eigene unbezahlte
beziehungsweise nur durch Spenden bezahlte Prediger und Gottesdienststätten
unterhielten (Notkirchen in Gaststätten, und als das verboten wurde, in
Fabrikhallen und Schuppen).[2] Die evangelische Kirche hat diese
Dienstverhältnisse nach der Zeit des Nationalsozialismus nur teilweise
legalisiert: Die Dienstzeit wurde angerechnet, Gehalt aber nicht nachgezahlt.
Ende 1935
verteilte Elisabeth Schmitz ihre Denkschrift Zur Lage der deutschen Nichtarier
über die alltägliche Verfolgung der Juden im NS-Staat an 200 Mitglieder der
Bekennenden Kirche, darunter Karl Barth, Dietrich Bonhoeffer und Helmut
Gollwitzer. Sie appellierte, aus Sicherheitsgründen anonym, ohne Erfolg an die
verantwortlichen Kräfte der Bekennenden Kirche, den Verfolgten Beistand zu
leisten.Vom 18. bis 22. Februar 1936 fand die nächste Bekenntnissynode in Bad Oeynhausen statt, auf der die zweite Vorläufige Kirchenleitung gewählt wurde. Inzwischen hatte sich die Bekennende Kirche aber in zwei Flügel geteilt, den gemäßigten, der eine Zusammenarbeit mit dem im September 1935 ernannten neuen „Reichsminister für die kirchlichen Angelegenheiten“ Hanns Kerrl in dem neuen Reichskirchenausschuss befürwortete, und den radikalen Flügel, der dies ablehnte. Eine Denkschrift der Bekennenden Kirche an Hitler im Mai 1936, welche weit über kirchenpolitische Fragen hinausging und so beispielsweise Konzentrationslager verurteilte, führte zu massenhaften Verhaftungen und Verfolgungen von Geistlichen.
Nach
anfänglichen Erfolgen wurde die Bekennende Kirche etwa ab 1937 zunehmend
verfolgt, hielt aber an ihrer eigenen Organisation fest und setzte sich mit dem
Büro Grüber seit 1938 auch für verfolgte Juden ein. Dennoch war sie entgegen
der Selbstdarstellung vieler ihrer Mitglieder nach 1945 keine Opposition zum
Nationalsozialismus als solchem. Durch den Alliierten Kontrollrat wurde die
Bekennende Kirche jedoch als „aktive antifaschistische Widerstandsbewegung“
anerkannt.
Führende
Mitglieder der BK setzten sich im Oktober 1945 dafür ein, dass das Stuttgarter
Schuldbekenntnis zustande kam.
Bei der
Neugründung der Evangelischen Kirche in Deutschland ab 1945 spielten einige
Vertreter der Bekennenden Kirche eine tragende Rolle. Ihr Gründungsmanifest,
die Barmer Theologische Erklärung, wurde in die Bekenntnisschriften vieler
evangelischer Landeskirchen aufgenommen. Die im Kirchenkampf geübte synodale
Demokratie setzte sich in den Kirchenverfassungen jedoch nur begrenzt durch.
Fuente: http://de.wikipedia.org/wiki/Bekennende_Kirche
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